What nib? – Ein paar Worte zu Federn
Kaum eine Frage bekomme ich häufiger auf Instagram oder YouTube gestellt als diese, welche Feder(n) ich verwende … sehr oft werde ich auch nach den besten Federhaltern, Tinten und Papieren gefragt. Meine übliche Antwort ist, es kommt darauf an! Nicht jede Feder ist für jedes Papier geeignet, nicht jede Tinte funktioniert auf jedem Papier gleich gut. Zugegeben: Die meisten meiner Lieblingsfedern sind antike Federn, werden nicht mehr hergestellt, und die Preise sind in den letzten Jahren aufgrund des erwachten Interesses an Kalligrafie teilweise in astronomische Höhen gestiegen. Da ich zu diesem Hype nicht beitragen möchte, hier nur der Hinweis, daß es auch weniger bekannte, sehr gute Federn außer den berühmten »Dream Points« gibt. Man muß nur viel ausprobieren, und bei Online-Anbietern, Haushaltsauflösungen und in Trödelläden stöbern! Ein konkreter Tipp: Eine solide, haltbare moderne Spitzfeder mit stimmigem Preis-Leistungsverhältnis ist die Brause 361 Steno-Feder – eine prima Einsteiger-Feder, weil sie weich über das Papier gleitet, trotzdem feine Linien ermöglicht und auch mit Gouache und Metallic-Tinten sehr gut funktioniert.
Gerade oder schräg – Federhalter
Einen Federhalter, in den die Feder eingesetzt wird, brauchen Sie natürlich auch – für Spitzfederkalligrafie bevorzuge ich schräge oder »Oblique« Federhalter. Letzterer ermöglicht es, mit der Spitzfeder so zu schreiben, daß man glatte Schwellzüge leichter zustande bringt. Die meisten Oblique Federhalter besitzen eine kleine Metallhalterung, die in einem schrägen Winkel in einen Korpus aus Holz, Acryl oder anderem Material eingesetzt wurde.
Das Einsteiger-Modell aus Plastik ist der Speedball, den ich nur begrenzt empfehle. In der Plastik-Halterung sitzt die Feder sehr starr und man kann den Winkel der Feder zum Papier nicht anpassen. Es passt auch nicht jede Feder – trotzdem mögen viele Kolleg*innen diesen Halter – entscheiden Sie selbst. Als Alternative bieten sich Ellenbogenfedern an, die man in einen normalen, also geraden Federhalter einsetzen kann. Wie alle Federn nutzen sie sich aber natürlich im Gebrauch ab – Spitzfedern sind Verbrauchsartikel! Etwas teurer, aber vielseitiger, ist ein Federhalter aus Holz und Metall, dessen Halterung mit einem Schräubchen oder ähnlichem verstellbar ist, damit man möglichst unterschiedliche Federn einsetzen kann.
Tinten & Farben
Wenn ich nur eine Tinte mit auf eine einsame Insel nehmen dürfte, wäre das auf alle Fälle Nussbaumtinte: Sie ist sowohl großartig zum Üben, als auch dunkel genug selbst zum Scannen, fließt wunderbar von der Feder, eine gute Alternative zu Eisengallustinte, mit wärmermem Farbton, wasserverdünnbar (für hellere Abtönungen), wasserlöslich, aber lichtecht. Eisengallustinte – der Klassiker unter den Schreibtinten, die meisten mittelalterlichen Kodizes wurden damit geschrieben – produziert zwar fantastische feinste Haarlinien und reißt auch bei kräftigen Schwellzügen kaum mal auf, ist lichtecht und ziemlich wasserfest, sorgt aber aufgrund ihres hohen Säureanteils bei Stahlfedern zu schnellem Verschleiß. Für manche Projekte trotzdem genau richtig! — Wenn Sie eine wirklich wasserfeste Tinte suchen, empfehle ich Ziller’s Inks, hochpigmentierte farbstarke Tuschen auf Acrylbasis. Diese müssen Sie für den Gebrauch mit der Spitzfeder mit etwas Wasser verdünnen. — Die beste weiße Tinte bzw. Tusche ist in meinen Augen Dr. Martin’s Bleedproof White – das ist eigentlich eine Korrekturflüssigkeit und muß ebenfalls verdünnt werden! Eine Anleitung dazu finden Sie hier.
Papier – glatt ist Trumpf
Vor allem zu Beginn und zum Üben empfehle ich eher glattes Papier – z.B. von Rhodia, oder ganz einfach Butterbrotpapier von der Rolle, – sonst sind Sie ständig damit am Kämpfen, dass die Feder nicht im Papier hängenbleibt! Edlere Papiere mit mehr Struktur erfordern Erfahrung und Fingerspitzengefühl. Für Unikate empfehle ich hochwertiges Aquarellpapier (im Künstlerbedarfsläden erhältlich), wenn Sie auf Nr. Sicher gehen wollen, wählen Sie satiniertes (»hot pressed«), aber auch gröberes Aquarell- oder Büttenpapier kann fantastisch wirken, wenn Sie schon etwas Übung haben. Achten Sie auch bei Umschlägen, Karten etc. auf die Oberfläche – zu glatt stößt die Tinte ab, zu grob und ungeleimt führt oft zum »Ausbluten«. Kaufen Sie unbedingt immer erst einmal kleine Mengen zum Testen, bevor Sie ein umfangreicheres Projekt angehen!
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